Dr. Hanspeter Gubelmann: Analyse ALB vs. SUI

Der 1:0 Auftaktsieg der Schweiz gegen Albanien bei der Fussball-EM war glücklich. Dr. Hanspeter Gubelmann von die-sportpsychologen.ch nimmt bei seiner Sportpsycho-Analyse Banduras Theorie der Selbstwirksamkeitsüberzeugung in den Fokus.

Hinweis: Das Format Sportpsycho-Analyse ist neu. Wir freuen uns über jegliches Feedback –  per Mail, Facebook oder Twitter!

Sportpsych-Analyse Vorlage Facebook

Yann Sommer –„role model“ für Selbstwirksamkeitsüberzeugung

Als „role model“ für hoch entwickelte self efficacy steht Torhüter Yann Sommer – in den entscheidenden Momenten wirkte er unüberwindbar, total fokussiert, abgeklärt, und agierte mit grosser Entschlossenheit. Er war physisch sehr präsent, seine Körpersprache hatte die Austrahlung von Souveränität und grosser Sicherheit. Entsprechend schlüssig war seine Spielanalyse nach getaner Arbeit: „Wir waren gut vorbereitet, haben gut begonnen. Es kann aber nicht sein, dass wir mit einem Mann mehr auf dem Platz mehrfach in gegnerische Konter laufen. Da waren wir nicht aufmerksam genug!“ In die gleiche Richtung argumentiert der Trainer Vladimir Petkovic: „Die ersten 30’ des Spiels waren wir gut. Dieses Niveau müssen wir im kommenden Spiel über 90 Minuten halten“.

Petkovic gab anschliessend auf die Frage, wie er in der anstehenden Mannschaftsbesprechung vorgehen werde, gleich eine – im Sinne von Bandura – passsende Antwort. „Ich werde zuerst die Stärken unserer Mannschaft in den ersten 30 Minuten hervorheben“. Er dürfte dies mit entsprechenden Videoausschnitten von taktisch klugen und erfolgreichen Spielverhalten des Teams (best practise) unterstreichen. Vielleicht stehen ihm auch weitere Daten (z.B. Laufleistungen der einzelnen Spieler) zur Verfügung, die zeigen dürften, dass die Mannschaft zu Beginn des Spiels dynamischer auftrat als später, als sie in Überzahl spielte. Er dürfte auch gut daran tun, die Weltklasseleistung des Torhüters entsprechend zu würdigen. Nicht nur, weil er es verdient, sondern auch im Sinne von: „Diese Spielklasse steckt in euch allen! Zeigt das im Spiel gegen Rumänien!“

Haris Seferovic – wie er dem Nervenflattern begegnen kann

Ein interessanter Hinweis dafür, woran es gelegen haben könnte, dass die Mannschaft in der zweiten Halbzeit gegen einen dezimierten Gegner eher scheu und zaghaft agierte und die sich bietenden Chancen nicht nutzte, lieferten alle im TV-Interview befragten Spieler: Druck! Und sie meinten wohl vor allem den Erwartungsdruck des „Nicht-Verlieren-Dürfens“! Torschütze Fabian Schär umschrieb es geradezu prototypisch: „Speziell wir Innenverteidiger haben in letzter Zeit schon viel ‚aufs Dach’ bekommen, entsprechend war der Druck gross und spürbar“.

Haris Seferovic, der einige gute Torchancen nicht nutzen konnte, meinte: „Der gegnerische Torhüter hat schon auch gut reagiert, vielleicht haben aber auch meine Nerven geflattert.“ Ein konkretes, mentalgestütztes Training für einen Spieler in seiner Situation könnte so aufgebaut sein:

1) Videoanalyse der 4 Torschancen, in welcher vor allem die positive Aktion, z.B. das starke Durchsetzungsvermögen mit Drang zum Tor herausgestrichen wird

2) Entwicklung einer erfolgsorientierten Abschlussstrategie, wie sie beispielsweise Fussballexperte Alain Suter vorschlägt: „Wenn ich alleine vor dem Torhüter stehe, dann schiesse ich flach ins freie Eck!“

3) Entwicklung eines „mentalen Films“ zukünftiger Torschussaktionen in Verbindung mit positiven Affirmationen: „In die Tiefe gehen, Ball mitnehmen, cool bleiben, die untere Ecke treffen – Tor!“

4) Praktische Umsetzung im nächsten Training! Vielleicht entwickelt Vladimir Petkovic sogar ein „Abschlusstraining“ in diesem Sinne und schaut sich seine Stürmer im Hinblick auf das kommende Spiel auch unter diesem Aspekt noch etwas genauer an…

Der Tipp des Sportpsychologen

Ein letzter Tipp des Sportpsychologen zum Schluss: Eine sehr sinnvolle Intervention, die der Trainer gerade im weiteren Turnierverlauf immer wieder ins Training einbauen könnte, wäre die Anwendung der Nicht-Wiederholbarkeitsmethode – z.B. beim Elfmeterschiessen. Es könnte ja sein, dass die Schweiz wieder auf die Urkraine trifft…

 

Quellen:

Bandura, Albert (1997). Self-efficacy: The exercise of control. New York: Freeman.

 

http://die-sportpsychologen.ch/2016/06/10/dr-hanspeter-gubelmann-albanien-1-vs-albanien-2/

 

Visits: 131

Print Friendly, PDF & Email
Dr. Hanspeter Gubelmann
Dr. Hanspeter Gubelmannhttp://www.die-sportpsychologen.de/hanspeter-gubelmann/

Sportarten: Langlauf, Biathlon, Nordische Kombination, Ski alpin, Snowboard, Bob, Skeleton, Eiskunstlauf, Short Track, Eishockey, Leichtathletik, Moderner Fünfkampf, Kunstturnen, Extremsport, Volleyball, Unihockey, Fechten, Beachvolleyball, Tennis, Golf, Kanu, Mountainbike, Schwimmen, Triathlon, Reiten, Rudern, Radsport, Paralympics, Fallschirmspringen, Rhythmische Sportgymnastik, Schwingen, Thai-Boxen u.a.m

Zürich, Schweiz

+41 79 7894513

E-Mail-Anfrage an h.gubelmann@die-sportpsychologen.ch